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Jahrestagung 2010, Stuttgart

Datum:
28. Nov. 2023
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Bericht über die 63. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Katholisch-Theologischer Bibliotheken (AKThB)
zum Thema »Bildung schafft Bibliotheken«

vom 6. – 10. September 2010 in Stuttgart-Hohenheim
 
Rund 63 Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Dienst der katholischen Kirche trafen sich zwischen dem 6. und 10. September 2010 zu ihrer 63. Jahrestagung. Darüber hinaus waren Referenten, Gäste und Verlagsvertreter überwiegend aus Deutschland und Österreich vertreten. Die Tagung stand unter dem übergeordneten Thema »Bildung schafft Bibliotheken.«. Gastgeber war diesmal die Diözesanbibliothek Rottenburg-Stuttgart, die unter der Leitung von Georg Ott-Stelzner, gemeinsam mit dem kirchlichen Bibliotheksverband AKThB die Tagung vorbereitet und organisiert hatte. Tagungsort war das Tagungszentrum der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Akademie der Diözese in Stuttgart-Hohenheim.

Schwerpunkt der Tagung war Umgang und Umsetzung von Bildungskonzepten und Bildungsgedanke in Kirchlichen Bibliotheken. Welche Bildungskonzepte verwirklichten Klöster im 18. Jahrhundert, wie reformierte Ignaz Heinrich von Wessenberg als letzter Vertreter der alten Reichskirche mit seinem Bildungskonzept die Priesterausbilung, welcher Bildungsgedanke stand hinter den Volksbüchereien zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder wie realisieren Kirchliche Bibliotheken Bildung?

Den Auftakt der Tagung bildete als Abendveranstaltung eine Hommage des Sprecherensembles der Akademie für gesprochenes Wort zu »Hebels Hörkalender«.

Tags darauf begrüßte der Vorsitzende der AKThB Jochen Bepler die Teilnehmer und stellte die einzelen Referenten vor.

Frau Dr. Magda Fischer, Stuttgart, stellte in ihrem Vortrag »Klösterliche Bildungskonzepte am Ende des 18. Jahrhunderts« die unterschiedlichen klösterlichen Bildungskonzepte Südwestdeutschlands am Ende des 18. Jahrhunderts vor. Während die Jesuiten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die klassische jesuitische Bildung pflegten und der Öffentlichkeit zugänglich machten und trotz des Verlustes ihres Stellung in der 2. Jahrhunderthälfte als Verleger weiterhin präsent bleiben, erhielt das zentralistisch ausgerichtete Bildungskonzept der Franziskaner vereinzelt mehr Zulauf (z.B. in Überlingen). Die Prälatenorden rekrutierten in einem dichten Netz von Klosterschulen vor allem ihren eigenen Nachwuchs und räumten der musischen Bildung breiten Raum in ihrem Bildungskonzept ein. Obwohl die Spuren von Frauenbildung kaum wahrzunehmen sind, bestand doch in der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz der klösterlichen Mädchenschulen.

Ausgehend von dem Entwicklungsgang des Volksbüchereiwesens seit seinem Beginn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit seinem jeweiligen Selbstverständnis gab Herr Prof. Schmidt, Köln, einen Einblick in die Bildungskonzepte der einzelnen Träger von Volksbüchereien in der Zeit zwischen 1900 und 1933. Von Bedeutung waren dabei die unterschiedlichen Bildungskonzepte der Frühzeit, wie sie einerseits in der Leipziger Richtung vertreten wurden mit der Intention der Erziehung zur Volkskulturgemeinschaft, und anderseits der Stettiner Richtung mit dem Ideal der Erziehung zu Ästhetik und Formung eines kunstsinnigen Menschen. Demgegenüber verfolgte der Borromäusverein die Stärkung und Festigung katholischen Weltanschauung. Der Bildungsauftrag der Öffentlichen Bibliotheken trat nach 1933 für lange Zeit in den Hintergrund und wurde im Laufe der jüngeren Geschichte im Konzept der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung gesehen. Seit 1993 wird Leseförderung und Persönlichkeitsentwicklung wieder in das Konzept aufgenommen, schließlich steht seit 2001 (Pisa-Studie der OECD) Bildung wieder ganz oben auf der Agenda Öffentlicher Bibliotheken, die als Bildungspartner und Lernorte verstanden werden.

Im letzten Beitrag diesen Tages stellte Prof. Dr. Manfred Weitlauff Ignaz Heinrich von Wessenberg als letzten Vertreter der alten Reichskirche und wegweisender kirchlicher Reformer vor. Neben einer Skizzierung der biographischen Hauptlinien des letzten Generalvikars und schließlich Bistumsverweser des Bistums Konstanz Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774 – 1860) gab Herr Prof. Weitlauff einen Einblick in das umfassende Bildungsprogramm des bedeutensten Vertreters der kirchlichen Aufklärung in Südwestdeutschland. Dabei wurde sein umfangreiches Bildungskonzepts zur Reformierung der Priesterausbildung in den Priesterseminaren in Meersburg und Luzern vorgestellt, sowie seine Vorgaben und Aufträge im Bereich der Priesterfortbildung dargelegt und in den biographischen Kontext gestellt, der bestimmt war vom Konflikt mit Rom und nach dem Ende des Bistums Konstanz von seinem Rückzug ins Privatleben gekennzeichnet war.
Beendet wurde dieser Tagungstag mit den Treffen der Landesgruppen.

Der zweite Tag begann mit dem Vortrag von Frau Dr. Anna Hennersperger, Institut für Theologische und Pastorale Fortbildung Freising »Für Gott und die Welt – Kirchliche Bibliotheken und Bildung«
Dabei stellte sie Bildungsdesiderate aus Sicht eines kirchlichen Fortbildungsinstitutes heraus. Ausgehend von den Eckpunkten: »Lebenswelten« und »Glaubenswelten« und den Spannungesfeldern, die sich zum einen zwischen diesen beiden Größen ergeben und dem Spannungsfeld »Tradition« und »Innovation« zeichnete sie ein Gesamtbild der Gesellschaft in Deutschland in der 1. Dekade des 21. Jahrhunderts. Von denen sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Bedürfnissen und Zeittrends, die nicht nur für ein Fortbildungsinstitut maßgebend sein sollten, sondern auch für kirchliche Bibliotheken Orientierung sein könnten, leitet sie Anforderungen für kirchliche Bibliotheken ab.

Die Vortragsreihe beschloss Prof. Dr. Albert Raffelt mit seinem Referat »Bibliotheken – Schaniere der Wissenschaft«. Mit dem Vergleich von Scharnieren machte er auf die enge Verzahnung von Theologie und kirchlichen Bibliotheken aufmerksam. Auf Grund seiner längjährigen Berufserfahrung als Bibliothekar und Dozent zeigte er den Entwicklungsgang der Medienwelt auf und zog folgendes Fazit: Internetressourcen, Digitalisate und neue Medien haben sich zwar in der Medienlandschaft etabliert, sie können aber das Buch als zentrales Medium nicht verdrängen. Er empfahl den kirchlichen Bibliotheken, sich auf diese neue Situation einzustellen.

 
Nach den Spartentreffen der Diözesan-, Hochschul- und Klosterbibliotheken folgte die Gruppe der Einladung von des Diözesanbischofs Dr. Gebhard Fürst in das Haus der Kirche nach Stuttgart. Anlässlich von »200 Jahre Wissenschaftliche Bibliotheken in der Diözese Rottenburg-Stuttgart« fand ein Festakt statt.

 
Nach Begrüßung und Grußworten sprach Bischof Dr. Gebhard Fürst über die Bedeutung der Bibliotheken: »Nimm und lies – Bibliotheken als immanenter Teil des kirchlichen Dienstes für Gott und die Menschen«. Die Festriede hielt Bundesministerin Frau Prof. Dr. Annette Schavan: »Bibliotheken – das Gedächtnis der Menschheit«. Musikalisch umrahmt wurde der Abend durch die »Camerata Suevica« unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Sumski.

 
Die Exkursion führte die Gruppe nach Marbach ins Deutsche Literaturarchiv. Die Sammlungen des Archivs stehen im Museum für die Öffentlichkeit, im Archiv für die Forschung zur Verfügung. Gesammelt wird überwiegend deutschsprachige Literatur von 1750 bis in die Gegenwart. Im Mittelpunkt der Sammlungen stehen die Nachlässe bedeutender Schriftstellerinnen, Schriftsteller und Gelehrter sowie die Archive von Institutionen, darunter als wichtigstes Verlagsarchiv des 19. Jahrhunderts das der Cotta’schen Buchhandlung. Finanziert wird dieses einzigartige Projekt von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg und den Städten Ludwigsburg, Marbach und Stuttgart.

Am Nachmittag standen noch Mitgliederversammlung, Aktuelle Stunde und Schlusssitzung auf dem Programm. Prof Schmidt gab einen aktuellen Überblick über den »Virtueller Katalog Theologie und Kirche (VThK)« der heuer bereits sechs Jahre besteht. Die Anschlussfinanzierung für die Fortführung des Online-Kataloges wurde von den Mitgliedern der AKThB bis 2013 gebilligt.

Bibliotheca Carmelitarum Moguntiacum Mainz vertreten durch Pater Leo stellte einen Antrag auf Mitgliedschaft in der AKThB. Dem Antrag einstimmig stattgegeben.

Die Tagung 2011 wird vom 4. – 8. Juli im Bildungshaus der Diözese Linz, Schloss Puchberg, bei Wels stattfinden. Für 2012 ist Augsburg angefragt. Einen genauen Termin wurde noch nicht genannt. Bei der Schluss-Sitzung wurde das Protokoll genehmigt und den Gastgebern für die gute Organisation und den reibungslosen Verlauf der Tagung gedankt.